Schlagwort-Archive: Andritz Streithahn Schiedsgericht Mediation

Ein fauler Kompromiss über 40 Mio. EUR?

Kolumne STREITHAHN:
Ein fauler Kompromiss über 40 Mio. EUR?

NEWSLETTER KOSTENFREI ABONNIEREN

Streithähne im Mai

2014 erhielt Celulosa y Energía Punta Pereira S.A. (“CEPP”) – ein joint venture von Stora Enso und Arauco – eine Schiedsklage von Andritz Pulp Technologies Punta Pereira S.A. über 200 Mio. EUR. Die Klägerin ist eine Tochter der Andritz AG.

Die Forderungen entstanden im Zusammenhang mit Verträgen über die Ausrüstung des Montes del Plata Zellstoffwerks. CEPP stritt ab und klagte ihrerseits auf 91 Mio. EUR auf Grund angeblicher Vertragsverstöße durch Andritz.

Nun haben die Streitparteien die Sache beigelegt, sich auf eine Zahlung an Andritz in Höhe von 40 Mio. EUR geeinigt und das Schiedsverfahren beendet.

Fazit: Das erinnert nur zu sehr an die Ergebnisse anderer Großverfahren. Die Taktik ist – auch bei dünner Nachrichtenlage – allzu durchsichtig. In bester Basar-Feilscher-Manier bläst die Klägerin – bzw. deren Anwälte – die Forderungen auf. Die Beklagte saugt sich einen möglichst hohen Gegenclaim aus den Fingern. Am Ende wird die Differenz aus Claim und Gegenclaim gebildet und irgendwo dazwischen ein Kompromiss geschlossen.

Hätten die Parteien – ohne Schiedsgericht – von Anfang an ernsthaft auf eine einvernehmliche Lösung hingearbeitet, hätten sie immense direkte Kosten, viel Zeit und dadurch auch hohe indirekte Kosten sparen können. Vom Reputationsverlust wollen wir gar nicht sprechen.

Wer profitiert von diesen Verfahren mit aufgeblähten Streitwerten? – Juristen und Schiedsorganisationen, deren Honorare sich nach dem Streitwert bemessen und bei solchen Verfahren in die Millionen gehen.

Wer zahlt dabei drauf? – Die Streitparteien, letztlich also die Aktionäre und Kunden.

Warum läuft das so? – Weil die Verantwortlichen leider ihre Verantwortung nicht wahrnehmen. Sie unterlassen es, zum Wohl ihrer Unternehmen, ein konsensbasiertes Verfahren zu verfolgen. Die Einigung war ja offenbar möglich. Scheinbar brauchen Manche den Druck eines völlig zerfahrenen Schiedsverfahrens, um für eine Einigung mürbe zu werden. Dann akzeptieren sie einen simplen und willkürlichen halbe-halbe-Schnitt um noch größere Schäden zu vermeiden.

Wie hätte es besser laufen können? – Bei einer Mediation suchen die Parteien von Anfang an auf Basis ihrer Interessen nach einer Lösung. Dabei finden Sie kreative Lösungen, die für beide Seiten vorteilhaft sind („Win-Win“). Diese besseren Lösungen gibt es viel schneller und zu viel geringeren Kosten als beim Schiedsverfahren. Das Verhältnis für eine weitere Zusammenarbeit wird gestärkt und nicht durch ein strittiges Verfahren belastet.

Dieses Schiedsverfahren ist ein Beispiel dafür, dass die Unzulänglichkeiten, die in der Studie der IHK (siehe vorhergehenden Beitrag) aufgezeigt werden, auch bei höchsten Streitwerten vorherrschen.

Zum tiefer Lesen: Andritz – CEPP