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Die Klausel gegen Ärger

Maschinen und Anlagen werden nicht „von der Stange geliefert“. Änderungen und Schwierigkeiten während der Projektabwicklung sind die Regel, nicht die Ausnahme. Und weil es um viel Geld geht bleibt auch Streit nicht aus.

 

Ungefähr dreiviertel der in Deutschland gefertigten Maschinen und Anlagen werden nach Angaben des Verbandes Deutscher Maschinen- und Anlagenbauer exportiert. Gerade im internationalen Geschäft hat sich die Vereinbarung eines Schiedsgerichtes gegenüber öffentlichen Gerichten durchgesetzt. Die Vorteile liegen auf der Hand: International durchsetzbar, schneller, vertraulich, kompetente Schiedsrichter. Es handelt sich jedoch um ein strittiges, von einem Dritten entschiedenes, Verfahren. Kunden und Lieferanten gehen so verloren.

 

Die Mediation ist in vielen Fällen besser geeignet. Zum einen ist sie schneller und viel günstiger als eine Schiedsgerichtsverhandlung. Der Mediator entscheidet nichts, sondern die Konfliktparteien behalten selbst das Heft in der Hand. Und niemand kann besser beurteilen, welche Lösungen für die Projektsituation passen. Der Mediator ist nach dem Mediationsgesetz zur Vertraulichkeit verpflichtet. Die Geschäftspartner ziehen gemeinsam den Karren aus dem Dreck, wodurch das Verhältnis dauerhaft verbessert und nicht gestört wird. Die Erfolgsquote liegt bei 80 Prozent.

 

Allerdings hat auch die Mediation einen entscheidenden Nachteil: Wenn eine Partei nicht einigungswillig ist, dann gibt es kein Ergebnis. Die Mediation kann dann sogar zur Verschleppung des Verfahrens missbraucht werden.

 

Die Vorteile des Schiedsgerichts und der Mediation lassen sich kombinieren, indem man eine abgestufte, eskalierende Konfliktklausel vereinbart. Die nächsthöhere Stufe darf erst dann gewählt werden, wenn die Vorherige keine Einigung brachte. Folgende Stufen machen Sinn:

  1. a) Verhandlung auf Projektebene,
  2. b) Verhandlung auf höherer Hierarchiestufe,
  3. c) Mediation,
  4. d) Schiedsverfahren.

 

Oliver Dittmann, Mediator für den Maschinen- und Anlagenbau, bietet eine entsprechende Musterklausel auf Deutsch und Englisch an. Diese kann unter www.oliver-dittmann.de/musterklausel-konfliktloesung/ abgerufen werden.

 

Diplom-Wirtschaftsjurist (FH) Oliver Dittmann profitiert bei seiner Tätigkeit als Mediator, Adjudikator, Claim Manager und Trainer von seiner Berufs- und Führungserfahrung im internationalen Maschinen- und Anlagenbau.

Vertragsmanagement Konfliktmanagement im Maschinen- und Anlagenbau Newsletter Februar 2015

 

 

 

 

 

 

 

„Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach mit Chinas Premier Wen Jiabao über die Angelegenheit. Wir hatten aber auch einen guten Mediator. Ohne ihn wäre es nichts geworden …“
Mathias Kammüller, Geschäftsführer der Trumpf GmbH + Co. KG über den Erwerb des chinesischen Maschinenbauers Jiangsu Jinfanyuan (JFY)

Werte Leserschaft,

das Haager Übereinkommen für Gerichtsstandsvereinbarungen gilt seit 1.1.2015 in der EU. Was das für deutsche Unternehmen bedeutet, werden wir im Märznewsletter besprechen. Warum nicht gleich? Zur richtigen Einordnung ist es wichtig, sich zunächst die gültigen Regeln zum   Gerichtsstand bei internationalen Sachverhalten vor Augen zu führen. Diese richten sich in Europa vor allem nach der EuGVVO. Auch diese wurde zum 1.1.2015 geändert. Heute lesen Sie also über die EuGVVO, nächsten Monat bauen wir darauf auf und untersuchen das Haager Übereinkommen für Gerichtsstandsver-einbarungen.

Ihr Oliver Dittmann

Überblick:

Vertragsmanagement:
» Gerichtsstand in der EU
Konfliktmanagement:
» Systemdesign
» Russian Arbitration Association

Kolumne „STREITHAHN“:
» Sisyphus‘ Erben

Nützliches aus dem Netz:
» Neuigkeiten für die Branche   Maschinen- und Anlagenbau

 

» wichtiger Hinweis

Gerichtsstand in der EU – Neue EuGVVO

Die EuGVVO ist ausschlaggebend, wenn es um die Ermittlung des zuständigen Gerichts bei internationalen Zivil- und Handels-Verfahren innerhalb der EU geht. Zum 01.01.2015 trat die Neufassung der Verordnung in Kraft. Die Änderungen sind schnell abgehandelt. Darüber hinaus nehme ich die Änderungen zum Anlass, die wichtigsten Regelungen der EuGVVO zusammen zu fassen.

Die wichtigsten Neuerungen sind die nun direkte Vollstreckbarkeit eines Titels aus einem Mitgliedsstaat in anderen Mitgliedsstaaten und die Durchsetzung von Gerichtsstandsvereinbarungen, auch bei früherer Anrufung eines anderen Gerichtes. Alle Neuerungen werden auf der Seite von Taylor Wessing erläutert.

Folgende Grundsätze der EuGVVO gelten bisher und weiterhin bei internationalen Zivil- und Handelssachen im Europäischen Raum:

  • bestimmte Verfahren, zum Beispiel Schiedsverfahren unterliegen nicht der EuGVVO;
  • allgemeiner Gerichtsstand am Wohnsitz bzw. satzungsmäßigen Sitz des Beklagten;
  • zusätzlich bei Verträgen: Gerichtsstand am Erfüllungsort;
  • zusätzlich bei unterlaubter Handlung: Gerichtsstand am Handlungsort und ggf. am abweichenden Erfolgsort der unerlaubten Handlung;
  • ausschließlicher Gerichtsstand bei dinglichen Rechten an unbeweglichen Sachen, bestimmten Gesellschaftsverhältnissen, u.ä.;
  • eine vertragliche Gerichtsstandsvereinbarung löst einen ausschließlichen Gerichtsstand aus, wenn die Voraussetzungen von Art. 23 EuGVVO eingehalten sind (Form, etc.)
  • grundsätzliche Zuständigkeit des zuerst angerufenen Gerichts;
  • bei Beteiligung von Verbrauchern gelten Sonderregelungen;

Durch das Luganer Übereinkommen gelten die praktisch gleichen Regeln auch für Island, Norwegen und die Schweiz.

Systemdesign – aktuelle Entwicklungen

Was verbirgt sich hinter dem immer öfter gehörten Begriff „Systemdesign“? – Es geht darum, in Betrieben eigene Mechanismen und Instanzen zu schaffen beziehungsweise zu ergänzen, um entstehende Konflikte möglichst schnell und mit angemessenem Aufwand zu lösen. So können zum Beispiel die meisten Probleme direkt auf der Arbeitsebene durch – zweckmäßig ausgebildete –  Konfliktlotsen gelöst werden. Verschiedene – interne und letztlich auch externe – Eskalationsstufen werden betriebsindividuell vorgesehen.

Durch die schnelle Bearbeitung von Konflikten und die wachsende Konfliktkompetenz aller Beteilgten, werden die enormen Folgekosten unbearbeiteter Konflikte (u.a. missratene Projekte, Fehlerkosten, vergraulte Kunden, Mitarbeiterfluktuation, Dienst nach Vorschrift) vermieden. Gleichzeitig verhindert das abgestufte Vorgehen von Eskalationsstufe zu Eskalationsstufe ein Schießen mit Kanonen auf Spatzen.

Der Bundesverband Mediation in Wirtschaft und Arbeitswelt (BMWA) hat aktuell eine Fachgruppe Systemdesign gebildet, um den Diskurs, die Entwicklung und die Vernetzung zum Systemdesign im deutschsprachigen Raum voranzutreiben. Gleichzeitig sollen Standards für Ausbildung und Zertifizierung in diesem Bereich geschaffen werden.

Veranstaltungshinweis: 3. Konferenz Systemdesign der Grundig Akademie Nürnberg am 18.4.2015

Zum tiefer Lesen: Artikel von Kurt Faller

Russian Arbitration Association

Im April 2013 wurde die Russian Arbitration Association gegründet. Grund für die Gründung war die massenhafte Abwanderung von Rechtsstreitigkeiten mit Russlandbezug zu ausländischen Schiedsorganisationen. Zum Beispiel ist traditionell die Schiedsinstitution der Stockholmer Handelskammer im Ostgeschäft sehr stark. Schon zu Zeiten des Kalten Krieges wurde diese bei Handelsstreitigkeiten zwischen Angehörigen der beiden Blöcke genutzt. Um dies zu erreichen, will die RAA eine moderne Schiedsinstitution nach internationalen Standards werden.

Die RAA hat keine eigene Schiedsordnung, sondern administriert Schiedsverfahren auf Basis der international bewährten UNCITRAL-Schiedsordnung. Schiedsort, Schiedsrichter und Verfahrenssprache können frei gewählt werden. Eine Schiedsrichterliste und Musterklauseln auf Englisch und Russisch werden zur Verfügung gestellt.

Fazit: Die RAA bietet eine praktikable Möglichkeit für Schiedsverfahren mit russischer Beteiligung. Da der Sitz des Schiedsgerichtes auch in einem anderen Land liegen kann, kann so die Anwendbarkeit russischen Zivilprozessrechts und die Zuständigkeit der russischen Gerichte für Verfahrensfragen vermieden werden. Gleichzeitig hat der russische Geschäftspartner mit der RAA als Organisation „ein Stück Russland“ in der Schiedsklausel, was die Akzeptanz leichter machen könnte.

Zum tiefer Lesen: GTAI-Info

Kolumne STREITHAHN:
Sisyphus‘ Erben

Biber stehen unter Schutz. Sie zu jagen bedarf einer Genehmigung. Auch ihre Bauten darf man nicht ohne Geneh-migung entfernen. Und tut man es doch, so bauen die Biber wieder auf und man reißt wieder ein und …. Es ist eine Sisyphusarbeit – für beide Seiten.

Vielleicht aus diesem Grund, vielleicht aus einem anderen, ließ ein Grundstückseigentümer die Nager gewähren. Die Biberdämme verursachten jedoch nicht nur auf seinem eigenen Grundstück, sondern auch auf dem des Nachbarn Hochwasser. Dieser verklagte den „Biberbesitzer“ auf Schadensersatz wegen mehrjähriger Ernteausfälle auf seiner landwirtschaftlichen Fläche. Der geschädigte Nachbar führte eine „nachbarschaftliche Treuepflicht zur Schadensvermeidung“ ins Feld und monierte überhaupt das Fehlen einer bestimmungsgemäßen landwirtschaftlichen Nutzung auf dem Biber-Grundstück. Letzteres lässt vermuten, dass hier auch Weltvorstellungen aufeinandergeprallt sein könnten. Darüber, inwieweit das zum Rechtsstreit über (bisher) zwei Instanzen geführt hat, kann nur spekuliert werden. Die Klage wurde vom Landgericht Weiden abgewiesen, die Berufung vom OLG Nürnberg zurückgewiesen. Der Grundstückseigentümer kann demnach nicht als Störer belangt werden, weil das Schadensereignis von der Natur ausgelöst worden ist und dem Eigentümer auch keine pflichtwidrige Unterlassung vorgeworfen werden kann.

Beurteilung: Den „Biberbesitzer“ würde eine andere Beurteilung auch in einen unangenehmen Spagat bringen. Auf der einen Seite hätte er eine zivilrechtliche Pflicht dem Nachbarn gegenüber, Schäden zu verhindern. Auf der anderen Seite müsste er sich mit den Biberbeauftragten in Fragen des Naturschutzrechts herumzuschlagen. Jeder könnte ihn vor verschiedenen Gerichten belangen, wenn er aus der jeweiligen Sicht zu viel oder zu wenig gegen die Biberbauten unternähme.

Eine Frage bleibt aus meiner Sicht jedoch offen: Wie kann der geschädigte Nachbar sein Eigentum schützen? Abhilfe gegen die Überflutung kann nun einmal (sinnvoll) nur auf dem Grundstück geschaffen werden, auf dem der Biber seinen Damm errichtet. Denken Sie nur einmal weiter und lassen Sie ein Wohnhaus oder Stallungen von dem Hochwasser betroffen sein. Müsste der Nachbar, wenn hohe Sachwerte und sogar das Leben von Nutztieren gefährdet wären, auch nicht eingreifen bzw. den Eingriff wenigstens dulden?

Zum tiefer Lesen: http://www.juraforum.de/recht-gesetz/land-unter-wegen-biber-467117

Nützliches aus dem Netz:
Neuigkeiten für die Branche Maschinen- und Anlagenbau

Bei der regelmäßigen Erstellung meines Newsletters stoße ich immer wieder auf interessante Inhalte aus dem Maschinenbau und Anlagenbau, die nicht zum Vertrags- und Konfliktmanagement gehören. Da die meisten von Ihnen, werte Leser, aus dieser oder verwandten Branchen kommen, stelle ich in dieser Rubrik unkommentierte Links zu den lesenswerten Inhalten zur Verfügung:

Die in diesem Newsletter bereitgestellten Inhalte stellen keine Rechtsberatung dar, sondern dienen ausschließlich Ihrer Information. Für die Klärung Ihrer konkreten Rechtsfragen wird eine fallbezogene Beratung empfohlen. Oliver Dittmann Mediation & Training übernimmt für die Vollständigkeit, Aktualität und Richtigkeit der Inhalte keine Haftung.