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Vertragsmanagement und Konfliktmanagement im Maschinen- und Anlagenbau Newsletter März 2014

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

„Zahlen, Businessplan usw. hilft alles nur, wenn man miteinander redet. Kommunikation ist das A und O“
Patrick Hincker, Betriebsübernehmer Die Neue Linie GmbH.

Werte Leserschaft,

das UN-Kaufrecht ist – wenn es nicht wirksam ausgeschlossen wird – in vielen internationalen Verträgen anwendbar. Auch Teilleistungen in der Montage und Inbetriebnahme müssen das nicht ändern, wie wir in der Februarausgabe sahen.
Das UN-Kaufrecht wird ab April 2014 in allen wirtschaftlich wichtigen Ländern außer Großbritannien, Indien und Südafrika ratifiziert sein.
Warum aber sieht man in so vielen Verträgen einen Ausschluss des UN-Kaufrechts? Ich meine, das hat auch mit Unsicherheit über die Inhalte dieser Regeln zu tun.
Grund genug, mit der heutigen Ausgabe des Newsletters eine Serie zum UN-Kaufrecht zu starten. Sie können sich dabei vor allem über die wichtigsten Inhalte, die Unterschiede zum deutschen Schuldrecht und die Handhabung des UN-Kaufrechts informieren.
Die Serie beginnt heute mit der Frage, auf welche Verträge UN-Kaufrecht standardmäßig angewendet wird, also wenn keine Vereinbarung zur Rechtswahl vorliegt.

Ihr Oliver Dittmann

Überblick:

Vertragsmanagement:
» Serie zum UN-Kaufrecht – Teil 1
» „Regeln“ oder „Stand“ der Technik?

Konfliktmanagement:
» BP Erfolgsprojekt „Projektallianz“
Kolumne „STREITHAHN“:
» Paradebeispiel für Verlierer-Verlierer-Lösung

Nützliches aus dem Netz:
» Neuigkeiten für die Branche   Maschinen- und Anlagenbau

 

» wichtiger Hinweis

Serie zum UN-Kaufrecht / CISG – Teil 1

Wann wird das UN-Kaufrecht angewendet?

Das UN- Kaufrecht gilt, wie der Name schon sagt, zunächst für Kaufverträge. Nach Artikel 3 des UN-Kaufrechts gilt es auch für Verträge über herzustellende / zu erzeugende Waren, also das was im BGB als Werklieferung bekannt ist. Das UN-Kaufrecht ist allerdings nicht anzuwenden, wenn die Dienstleistungen überwiegen. Einen konkreten Fall hatten wir in der im Archiv verfügbaren Februarausgabe des Newsletters gesehen. Enthaltene Bau-Montageleistungen änderten nichts an der Anwendung des UN-Kaufrechts. Viele Verträge des Maschinen- und Anlagenbaus fallen daher sachlich in den Anwendungsbereich des UN-Kaufrechts.
Das UN-Kaufrecht gilt allerdings nicht für Verträge zwischen Inländern. Die Parteien müssen aus verschiedenen Staaten kommen und diese Staaten müssen Vertragsstaaten sein. Es reicht auch, wenn der Partner, dessen Recht nach den Regeln des Internationalen Privatrechts (IPR) anwendbar ist, aus einem Vertragsstaat kommt. Vereinfacht und pauschaliert gilt nach Internationalem Privatrecht das Recht des Verkäufers.
Vertragsstaaten können Sie unter http://www.uncitral.org/uncitral/en/uncitral_texts/sale_goods/1980CISG_status.html nachlesen. Wenn Brasilien zum 01.04.2014 beitritt, werden die wichtigsten Wirtschaftsmächte außer Großbritannien, Indien und Südafrika vertreten sein.
Das UN-Kaufrecht regelt nicht die Gültigkeit des Vertrages (allerdings sehr wohl den Abschluss des Vertrages), die Stellvertretung, die Aufrechnung, die Verjährung, die Haftung für Tod oder Körperverletzung und das Eigentum an der Ware. Regelungslücken werden durch das anwendbare nationale Recht aufgefüllt. So ergibt sich folgende Rangfolge: Zunächst gelten die Regeln des UN-Kaufrechts. Nur wo dieses Lücken aufweist, gelten die Regeln des anwendbaren nationalen Schuldrechts, zum Beispiel des deutschen BGB.
Artikel 2 enthält eine Reihe von Geschäften, die nicht unter das UN-Kaufrecht fallen, allerdings keine, die für das Geschäft mit Maschinen und Anlagen relevant sind.
Den Vertragsparteien steht es frei, die Anwendung des UN-Kaufrechts auszuschließen. Auch andere Wahlmöglichkeiten bestehen, wie zum Beispiel, das UN-Kaufrecht beizubehalten, aber das zu Grunde liegende nationale Recht zu ändern. Was dabei zu beachten ist, wird allerdings erst zum Schluss der Serie zum UN-Kaufrecht gezeigt. Zunächst gilt es, das Regelwerk zu verstehen. Dann erst kann es darum gehen, über seine Anwendung zu entscheiden und es eventuell auszuschließen.
Zum tiefer lesen: Es gibt eine Vielzahl von Kommentaren und Lehrbüchern zum UN-Kaufrecht. Einen guten Einstieg bietet Gildeggen/Willburger „Internationale Handelsgeschäfte“.

„Regeln“ oder „Stand“ der Technik?

In vielen Verträgen werden die Lieferanten zur Lieferung von Produkten nach dem „Stand der Technik“ oder gar nach dem „Stand von Wissenschaft und Technik“ verpflichtet. Die Praxis zeigt, dass nicht jeder weiß, worauf er sich da einlässt.
Mit den beiden oben genannten Begriffen wird ein Entwicklungsstand vereinbart, der über das hinausgeht, was im Werkvertragsrecht nach BGB oder auch VOB/B normalerweise geschuldet wird. Dieser normale Mindeststandard wird als „allgemein anerkannte Regeln der Technik“ bezeichnet. Technische Regeln und Verfahren, die diesen Standard erfüllen, sind (a) in der vorherrschenden Ansicht der technischen Fachleute als richtig erachtet und (b) praxiserprobt und bewährt. In Normen, Richtlinien und Vorschriften enthaltene Regeln werden als „allgemein anerkannte Regeln der Technik“ vermutet. Dies kann aber widerlegt werden, zum Beispiel, wenn solche Regelwerke veraltet sind.
Wird der „Stand der Technik“ vereinbart, so sind neuere und weniger bewährte Vorgehensweisen zu berücksichtigen. Die allgemeine Anerkennung dieser Vorgehensweisen ist nicht Voraussetzung ihrer Anwendung. Eine juristische Bewertung, was konkret erfasst ist, setzt technisches Verständnis voraus und wird immer eine Unsicherheit beinhalten, da viel Spielraum besteht.
Noch eine Stufe höher ist der „Stand von Wissenschaft und Technik“ anzusetzen. Hier besteht ein deutlicher Zwang zur Berücksichtigung der aktuellen Forschungserkenntnisse. Auf eine Realisierung im hier und jetzt kommt es nicht an. Was das für die Zuverlässigkeit der Technik auf der einen Seite und für die Bestimmtheit der geschuldeten Leistung auf der anderen Seite bedeutet, dürfte klar sein.
Fazit: Im allgemeinen Teil von Einkaufsspezifikationen wird gerne möglichst hochwertige Qualität gefordert, damit etwaige Regelungslücken in der Detailbeschreibung keinen Nachteil des Bestellers zur Folge haben. Da scheint es verständlich, dass gerne zu den höher entwickelten Standards gegriffen wird. In der Industrie kommt es jedoch zuerst und vor allem auf Zuverlässigkeit an. Daher werden die „allgemein anerkannten Regeln der Technik“ nicht nur dem Lieferanten, sondern gerade auch dem Besteller oft am besten gerecht. Die höheren Standards erkauft man sich mit Unsicherheit. Sollen tatsächlich Neuentwicklungen umgesetzt werden, wird man diese ohnehin im Detail vereinbaren wollen.

Am besten ist es natürlich, wenn die Sachleistung im Detail so klar und vollständig beschrieben wird, dass eine Angabe des allgemeinen Entwicklungsstandards unnötig wird, beziehungsweise keine Anwendung findet.

Vorschau: Im April werden wir uns im Rahmen der Serie anschauen, welchen Mindeststandards Waren im Rahmen des UN-Kaufrechts genügen müssen, vor allem, ob sie sich nach den Vorgaben im Land des Käufers oder des Verkäufers richten.

Zum tiefer lesen: NJW 41/2013 S. 3000ff

BP-Erfolgsprojekt „Projektallianz“

Im Anlagenbau, vor allem im anglo-amerikanischen Raum, sind hartes Claimsmanagement, verbunden mit Schuldzuweisungen und Konflikten, an der Tagesordnung. Diese Herangehensweise lässt sich an den Projektteams, den Anlagenverträgen und dem Ton und der Einstellung der Vertragsparteien ablesen. Der Bau von Anlagen verliert dadurch an Effizienz.

Eine bewährte Gegenmaßnahme ist die Partnerschaftsmethode. Ein mit dem Anlagengeschäft vertrauter Mediator wird beauftragt, beim Projekt-Kickoff Regeln klarer und offener Kommunikation zu etablieren. Während der Laufzeit bestärkt er die Einhaltung dieser Regeln und verhindert den Rückfall in die übliche, scharfe Vorgehensweise. Die Früchte einer konsequenten Umsetzung umfassen signifikante Kostenersparnis, das Freisetzen von Kreativität, die Verhinderung von Missverständnissen und Schuldzuweisungen, dazugehörigen Claims und Konflikten und eine erhöhte Beachtung von Sicherheits- und Qualitätsstandards.

Einen Schritt weiter geht der Ansatz, gemeinsam einen unparteiischen Spezialisten zu engagieren, um bei risikoreichen, hochwertigen Verträgen Konflikte von Anfang an an den Hörnern zu packen. Der Mediator nimmt an Projektbesprechungen teil, erhält Schlüsselkorrespondenz in Kopie und ist für die Projektteams telefonisch erreichbar. Seine Hauptaufgabe ist es, die Parteien darin zu unterstützen, umstrittene Fragen an die Oberfläche zu bringen und zeitnah bewusst zu behandeln und zu lösen.

British Petroleum (BP) hat einen noch ambitionierteren, vertrauensbasierten Weg beschritten, um dem Bohrinselprojekt „Andrew“ in der Nordsee zum Erfolg zu verhelfen. Das Projekt dümpelte über 20 Jahre lang vor sich hin, ohne richtig in Angriff genommen zu werden, während BP vergebens versuchte, die angesetzten Kosten von über 750 Millionen USD zu reduzieren. Dann entschied man sich für eine unorthodoxe Methode:

Das Projektteam wurde aus Personen zusammengesetzt, die sich verpflichteten, das normale Vorgehen beiseite zu legen und Andrew auf kooperative Weise anzugehen. Ohne sich auf die niedrigsten Bieter festzulegen und nach maximalem Profit bei minimalem Risiko zu streben, revidierte die Mannschaft Zielpreis und Terminplan für Andrew. Die Auftragnehmer verpflichteten sich in einem Projekt-Allianz-Vertrag auf einen um vier Monate reduzierten Terminplan bei einem Zielpreis von nur noch 550 Millionen USD. Bestandteil dieses Vertrages waren hohe Bonuszahlungen. Es wurde vereinbart, Verbesserungen aber auch Verschlechterungen zu teilen. Dies war flankiert von einem proaktiven Konfliktbearbeitungsprozess um die Möglichkeit von Claims nach Projektabschluss auszuschließen.
Das Ergebnis: Andrew wurde für 460 Millionen USD realisiert, die Auftragnehmer erhielten dafür Bonuszahlungen in Höhe von 60 Millionen USD. Dabei wurde der um vier Monate verbesserte Terminplan noch um zwei Monate unterschritten. Dieser Erfolg wird zur Messlatte für zukünftige Projekte, vor allem in der Öl- und Gasindustrie.
BP und die Auftragnehmer für Andrew haben gezeigt, was möglich ist. Es wird fortschrittlicher Wirtschaftsführer, einflussreicher Auftraggeber und engagierter Auftragnehmer bedürfen, um eingeschliffene Verhaltensmuster zu überkommen, Innovationen auszulösen, Konflikte zu vermeiden und neue, hochprofitable Geschäftsmöglichkeiten zu erschließen.

Kolumne STREITHAHN:
Paradebeispiel für Verlierer-Verlierer-Lösung

Viele Menschen sind bei Verhandlungen und Konflikten auf eine Gewinner-Verlierer Lösung aus: „Ich gewinne, Du verlierst.“ Stephen Covey schreibt in seinem Buch „7 Habits of Highly Effective People“: „Alles andere als Gewinner-Gewinner Lösungen führt auf die Dauer zu Verlier-Verlierer Situationen.“ Langfristig funktionierende (Geschäfts-) Beziehungen funktionieren nicht, wenn einer dabei den Verlierer mimen soll.

Eine Verlierer-Verlierer Lösung in Reinkultur haben die Helden der folgenden Geschichte für sich „erreicht“.

Zwei getrennt lebende Eheleute hatten einen heftigen Streit. Sie wurden handgreiflich und verletzten sich gegenseitig leicht. Eine anwesende Frau rief die Polizei, die gegen die beiden alkoholisierten Eheleute ein Strafverfahren wegen Körperverletzung einleitete.

Dabei stellten die Beamten fest, dass gegen den Mann ein Haftbefehl vorlag, weil er eine Geldstrafe nicht bezahlt hatte. Offenbar wollte er nicht alleine hinter schwedische Gardinen und informierte daher kurzerhand die Polizisten darüber, dass auch gegen seine Frau aus dem gleichen Grund ein Haftbefehl vorliege. Auch das bestätigte sich und beide Eheleute wurden festgenommen.

„Gemeinsam in den Abgrund.“ So wird die letzte Stufe der Glasl’schen Konflikteskalationsstufe oft umschrieben. Unsere beiden Kontrahenten wollten es wohl mal ausprobieren…

Zum tiefer lesen: Artikel

Nützliches aus dem Netz:
Neuigkeiten für die Branche Maschinen- und Anlagenbau

Bei der regelmäßigen Erstellung meines Newsletters stoße ich immer wieder auf interessante Inhalte aus dem Maschinenbau und Anlagenbau, die nicht zum Vertrags- und Konfliktmanagement gehören. Da die meisten von Ihnen, werte Leser, aus dieser oder verwandten Branchen kommen, stelle ich in dieser Rubrik unkommentierte Links zu den lesenswerten Inhalten zur Verfügung:

Die in diesem Newsletter bereitgestellten Inhalte stellen keine Rechtsberatung dar, sondern dienen ausschließlich Ihrer Information. Für die Klärung Ihrer konkreten Rechtsfragen wird eine fallbezogene Beratung empfohlen. Oliver Dittmann Mediation & Training übernimmt für die Vollständigkeit, Aktualität und Richtigkeit der Inhalte keine Haftung.