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90 Millionen USD unter Budget

Im Anlagenbau, vor allem im anglo-amerikanischen Raum, ist hartes Claimsmanagement, verbunden mit Schuldzuweisungen und Konflikten, an der Tagesordnung. Diese Herangehensweise lässt sich an den Projektteams, den Anlagenverträgen und dem Ton und der Einstellung der Vertragsparteien ablesen. Der Bau von Anlagen verliert dadurch stark an Effizienz.

Eine bewährte Gegenmaßnahme ist die Partnerschaftsmethode. Ein mit dem Anlagengeschäft vertrauter Mediator wird beauftragt, beim Projekt-Kickoff Regeln klarer und offener Kommunikation zu etablieren. Während der Laufzeit bestärkt er die Einhaltung dieser Regeln und verhindert den Rückfall in die übliche, scharfe Vorgehensweise. Die Früchte einer konsequenten Umsetzung umfassen signifikante Kostenersparnis, das Freisetzen von Kreativität, die Verhinderung von Missverständnissen und Schuldzuweisungen, dazugehörigen Claims und Konflikten und eine erhöhte Beachtung von Sicherheits- und Qualitätsstandards.

Einen Schritt weiter geht der Ansatz, gemeinsam einen unparteiischen Spezialisten zu engagieren, um bei risikoreichen, hochwertigen Verträgen Konflikte im Keim zu ersticken. Der Mediator nimmt an Projektbesprechungen teil, erhält Schlüsselkorrespondenz in Kopie und ist für die Projektteams telefonisch erreichbar. Seine Hauptaufgabe ist es, die Parteien darin zu unterstützen, Streitfragen an die Oberfläche zu bringen und zeitnah bewusst zu klären.

British Petroleum (BP) hat einen noch ehrgeizigeren, vertrauensbasierten Weg beschritten, um dem Bohrinselprojekt „Andrew“ in der Nordsee zum Erfolg zu verhelfen. Das Projekt dümpelte über 20 Jahre lang vor sich hin, ohne richtig in Angriff genommen zu werden. In der Zeit versuchte BP vergebens, die angesetzten Kosten von über 750 Millionen USD zu reduzieren. Dann entschied man sich für eine unorthodoxe Methode:

Das Projektteam wurde aus Personen zusammengesetzt, die sich verpflichteten, das normale Vorgehen beiseite zu legen und Andrew auf kooperative Weise anzugehen. Statt sich auf die niedrigsten Bieter festzulegen und nach maximalem Profit bei minimalem Risiko zu streben, verpflichteten sich BP und die Auftragnehmer in einem Projekt-Allianz-Vertrag auf einen um vier Monate reduzierten Terminplan bei einem Zielpreis von nur noch 550 Millionen USD. Bestandteil dieses Vertrages waren hohe Bonuszahlungen: es wurde vereinbart, Verbesserungen aber auch Verschlechterungen zu teilen. Dies war flankiert von einem proaktiven Konfliktbearbeitungsprozess um die Möglichkeit von Claims nach Projektabschluss auszuschließen.
Das Ergebnis: Andrew wurde für 460 Millionen USD realisiert, die Auftragnehmer erhielten dafür Bonuszahlungen in Höhe von 60 Millionen USD. Dabei wurde der um vier Monate verbesserte Terminplan noch um zwei Monate unterschritten. Dieser Erfolg wird zur Messlatte für zukünftige Projekte, vor allem in der Öl- und Gasindustrie. Das ist umso bemerkenswerter, da die Komplexität von Anlagenprojekten oft zu Verzögerungen und Mehrkosten führt, wie Oliver Dittmann, Vertragsmanagementexperte im Maschinen- und Anlagenbau aus dem mittelfränkischen Landkreis Ansbach, aus Erfahrung weiß.
BP und die Auftragnehmer für Andrew haben gezeigt, was möglich ist. Es wird fortschrittlicher Wirtschaftsführer, einflussreicher Auftraggeber und engagierter Auftragnehmer bedürfen, um eingeschliffene Verhaltensmuster abzulegen, Innovationen auszulösen, Konflikte zu vermeiden und neue, hochprofitable Geschäftsmöglichkeiten zu erschließen.

 

Diplom-Wirtschaftsjurist (FH) Oliver Dittmann profitiert bei seiner Tätigkeit als Mediator und Trainer von einer langen Berufs- und Führungserfahrung im internationalen Maschinen- und Anlagenbau. Er bietet praxisbezogene Seminare zum internationalen Anlagenvertrag, Claimsmanagement, Konfliktmanagement und zur Verhandlungsführung an. Daneben unterstützt und berät er Maschinenbauer und Anlagenbauer bei der Risikobewertung und im Claimsmanagement.