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Vertragsmanagement und Konfliktmanagement im Maschinen- und Anlagenbau Newsletter Februar 2014

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

„Business is very keen on keeping control and they are very keen on making sure they get to settlements of the dispute, which make sense and which make commercial sense. And mediation is one excellent tool to achieve that.“
Hannah Tuempel, ICC, Senior Counsel Manager of the International Center for ADR.

Werte Leserschaft,

woran erkennen Sie, ob ein Mediator qualifiziert ist? Das Justizministerium hat nun die lange erwartete Verordnung zur Zertifizierung von Mediatoren vorgelegt. Dies ist ein wichtiger Beitrag zur Sicherung der Qualität.
In der Praxis gibt es längst die Möglichkeit, Mediatoren über  vertrauenswürdige Stellen zu finden, die deren Ausbildung und Eignung überprüfen. So unterhält zum Beispiel die IHK Nürnberg ein Verzeichnis von Mediatoren. Über meine Aufnahme in dieses Verzeichnis durfte ich mich zu Beginn dieses Jahres freuen.
Die wichtigsten Inhalte des Verordnungsentwurfes können Sie im vierten Beitrag unten nachlesen.

Ihr Oliver Dittmann

Überblick:

Vertragsmanagement:
» CISG bei Montageleistungen?
» Kosten der Schludrigkeit

Konfliktmanagement:
» Weisungsrecht zur innerbetrieblichen Mediation?
» Qualitätsstandards für Mediatoren

Kolumne „STREITHAHN“:
» 2 Mio. EUR Prozesskosten pro Tag!

 

» nützliches aus dem Netz

» wichtiger Hinweis

UN-Kaufrecht (CISG) bei Montageleistungen?

Der Anlagenvertrag hat viele Gesichter. Nur ausnahmsweise handelt es sich um reine Warenlieferungen „herzustellender oder zu erzeugender Waren“, die nach Artikel 3 Absatz 1 CISG unter das UN-Kaufrecht fallen. Oft werden zusätzlich Montage- und Inbetriebnahmeleistungen verkauft. Diese wären für sich gesehen nicht vom CISG erfasst. Als Teilleistung eines Herstellungsvertrages über eine Maschine können sie jedoch erfasst sein. Wo liegen die Grenzen?
Das Foreign Trade Court of Arbitration bei der serbischen Industrie- und Handelskammer hat eine international beachtete Entscheidung getroffen. Ein Käufer aus Bosnien-Herzegowina hatte bei einem serbischen Verkäufer einen Schutzzaun aus Stahl zusammen mit der Installation desselben erworben. Der Preis für den Zaun lag bei 490.000 EUR, der Preis für die Montagearbeiten lag bei 60.000 EUR. Der Anteil der Montageleistung am Gesamtauftrag lag somit bei circa elf Prozent.
Das Schiedsgericht hatte unter anderem zu entscheiden, ob das CISG auf diesen Fall anwendbar sei. Die Schiedsrichter kamen zur Entscheidung, dass es sich bei diesen Verhältnissen noch um einen Kaufvertrag handelt, das CISG somit anwendbar ist.
Lehre: Dieses Urteil zeigt, dass Montageleistungen nicht ohne weiteres die Anwendung des CISG auf einen Anlagenvertrag verhindern. Fraglich bleibt, wo genau die Grenze liegt. Rechtssicherheit ist Trumpf und daher empfehle ich, durch eine Rechtswahlklausel auf Nummer Sicher zu gehen. Darin muss ausdrücklich gesagt werden, dass die Regeln des UN-Kaufrechts auf den Vertrag anwendbar sein sollen oder dass sie eben nicht gelten sollen. Der bloße Bezug auf das Recht eines Vertragsstaates oder eines Nichtvertragsstaates bringt zur sachlichen Anwendbarkeit keine Klärung.
Apropos Vertragsstaaten: mit Brasilien verliert die „CISG-Landkarte“ zum 1. April 2014 einen weiteren, großen weißen Flecken. Es wird immer schwerer, überhaupt noch Nichtvertragsstaaten zu finden.

Zum tiefer lesen: Fallpräsentation

Kosten der Schludrigkeit

Kennen Sie das? Die Alltäglichkeit gewisser Handlungen kann auf die Dauer zu einer gewissen Schludrigkeit führen. Es ist ja noch nie etwas passiert. So könnte auch der folgende Fall entstanden sein.

Der Auftraggeber einer Werkleistung hatte als Vertrag einen formularmäßigen Vertragsvordruck verwendet. Dieses Formular enthielt ein Ankreuzfeld „Vertragsstrafe“, welches nicht angekreuzt war. Dennoch waren im gleichen Gliederungspunkt an vorgesehener Stelle die Prozentwerte „0,1“ und „5“ eingetragen worden. Das nach Leistungsunterbringung unterzeichnete Abnahmeprotokoll enthielt den Hinweis, dass der Auftraggeber sich sein Recht vorbehält, die Vertragsstrafe zu fordern.

Der Auftragnehmer stellte das Werk verspätet fertig und der Auftraggeber wollte die Vertragsstrafe gegen Werklohnansprüche aufrechnen. Der Auftragnehmer bestritt die Vereinbarung einer Vertragsstrafe und klagte auf Bezahlung des Werklohns.

Das Oberlandesgericht Köln hielt die Vertragsstrafe für rechtmäßig vereinbart, da die Eintragung der Prozentwerte einen solchen Willen der Parteien belegt. Der Bundesgerichtshof sah es in letzter Instanz anders. Zur Vereinbarung der Vertragsstrafe hätte beides getan werden müssen: (1) „aktivieren“ des Gliederungspunktes „Vertragsstrafe“ durch ankreuzen und  (2) eintragen der Prozentwerte. Das war die Systematik des Formulars und der würde eine andere Auslegung des Parteiwillens nicht gerecht.

Der Vorbehalt im Abnahmeformular ändert an dieser Auffassung auch nichts. Der Vorbehalt ist nur bei einer vereinbarten Vertragsstrafe relevant. Er kann eine solche jedoch nicht vertraglich begründen.

Lehre: Man kann sich streiten, ob es der Bundesgerichtshof zu eng sieht und ob der Parteiwille zur Vereinbarung einer Vertragsstrafe durch die Prozentwerte klar belegt ist. Warum sonst hätten die Werte eingetragen werden sollen?
Darauf kommt es mir hier aber gar nicht an. Man sieht an dem Beispiel, wie wichtig ein gewissenhafter Umgang mit Verträgen ist. Auch wenn in den allermeisten Fällen das Geschäft glatt abgewickelt wird und die Details des Vertrages nicht auf den Tisch kommen. Es sind die wenigen anderen Fälle, für die wir Verträge ausarbeiten. Und in diesen Fällen kann Schlamperei bei der Vertragsgestaltung richtig teuer werden. Ein großzügig eingespartes Kreuzchen kostet hinterher den Verzicht auf eine übliche Beteiligung des Auftragnehmers an den Kosten der Verspätung.

Zum tiefer lesen: NJW 2013, 3167

Weisungsrecht zur innerbetrieblichen Mediation?

Bei der Mediation streben die Parteien eigenverantwortlich und freiwillig eine einvernehmliche Beilegung ihres Konfliktes an (Paragraph 1 Absatz 1 Mediationsgesetz). Ist diese Freiwilligkeit auch im innerbetrieblichen Kontext immer voll gegeben? Kann ein Arbeitgeber die Streithähne im Rahmen seines Weisungsrechts zur Mediation „verdonnern“?
Vom Landesarbeitsgericht Nürnberg wurde in einem Rechtsstreit unter anderem diese Frage geklärt.

Wie so oft bei Streit unter Kollegen ging es um Geltung, Rangfolge, verletztes Ehrgefühl. Einige Musiker der ersten Geigen eines Orchesters befürchteten, dass ihre Sitzordnung eine Hierarchie nahe legen könnte, die es so nicht gab. Die hinzugezogene Intendanz (Arbeitgeber) schlug eine Mediation vor, die auch durchgeführt wurde. Leider nahmen nicht alle Musiker der ersten Geigen teil. Die Intendanz wollte die Abwesenden wenigstens zur Teilnahme am Abschlussgespräch der Mediation verpflichten. Einen entsprechenden Hinweis im Dienstplan lehnte jedoch der Betriebsrat ab. Darauf wurden die Musiker persönlich angeschrieben und verpflichtend zum Abschlussgespräch eingeladen.
Das Landesarbeitsgericht sah den Grundsatz der Freiwilligkeit der Mediation als höherrangig an, als das Weisungsrecht des Arbeitgebers. Da die Mediation freiwillig zu erfolgen hat (siehe oben), kann auch der Arbeitgeber seine Arbeitnehmer nicht zur Mediation verpflichten.

Würdigung: Sicher, es liegt auch nach diesem Urteil immer ein gewisser Druck auf einem Arbeitnehmer, wenn der Arbeitgeber eine Mediation verfolgt, diese auch mitzutragen. Ganz abgesehen davon, dass eine Mediation in den meisten Fällen heilende Wirkung hat und im Interesse auch der Arbeitnehmer liegt. Klar ist nach diesem Urteil aber, dass einem mediationsunwilligen Arbeitnehmer keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen aus der Ablehnung des Verfahrens erwachsen dürfen.

Dies gilt wohlgemerkt für innerbetriebliche Mediationen, bei denen der jeweilige Arbeitnehmer als Partei beteiligt ist. Bei einer Mediation zwischen zwei Unternehmen, zu der ein Arbeitnehmer als Vertreter seines Arbeitgebers beordert wird, gilt das Direktionsrecht des Arbeitgebers aus meiner Sicht sehr wohl. Die Freiwilligkeit bezieht sich hier meines Erachtens allein auf die Unternehmen als Streitparteien, nicht auf die beteiligten Mitarbeiter der Unternehmen.

Zum tiefer lesen: Beschluss des Landesarbeitsgerichts Nürnberg

Qualitätsstandards für Mediatoren

In Paragraph 6 des 2012 erlassenen Mediationsgesetzes ist eine Verordnung zur Ausbildung und Qualifizierung von Mediatoren vorgesehen. Das Bundesjustizministerium hat nun einen Entwurf dieser Verordnung vorgelegt. Darin werden die Ausbildungs- und Fortbildungsvoraussetzungen eines zertifizierten Mediators festgeschrieben.
Ziel der Verordnung ist die Festlegung von Mindeststandards für die Ausbildung von zertifizierten Mediatoren aus Gründen der Qualitätssicherung und der Markttransparenz.
Voraussetzungen für die Zertifizierung sind:
• Berufsqualifizierender Abschluss oder Hochschulstudium
• Mindestens zweijährige praktische berufliche Tätigkeit
• Bescheinigte Ausbildung mit mindestens 120h und bestimmten Mindestinhalten und -methoden
• Bescheinigte Fortbildung, innerhalb von zwei Jahren mindesten 20 Zeitstunden
• Durchführung und Dokumentation von mindestens vier Mediationsverfahren innerhalb von zwei Jahren

 

Zum tiefer lesen: Entwurfstext der Verordnung

Kolumne STREITHAHN:
2 Mio. EUR Prozesskosten pro Tag!

Kann es eine Rechtfertigung geben, diesen Prozess zu führen? Die Geschichte klingt wie eine Anleitung wie man verlorenem Geld möglichst viel gutes Geld hinterher werfen kann.

Nächste Woche beginnt ein Mammutprozess am Landesgericht Klagenfurt. Die Hypo Alpe Adria Bank (bayerischen Steuerzahlern sträuben sich bei diesem Namen die Nackenhaare) verklagt vier Aktionäre und neun ehemalige Manager auf 50 Mio. EUR. Hintergrund ist eine Sonderdividende, die 2008 ausgeschüttet worden war.
Alleine die Gerichtskosten belaufen sich auf rund 905.000 EUR pro Tag! Auf Grund der Anzahl der Beteiligten und des hohen Streitwertes werden die Gesamtprozesskosten pro Verhandlungstag bei ca. 2 Mio. EUR liegen!
Der eingeklagte Betrag von 50 Mio. EUR wird also schon nach 25 Prozesstagen von den Gebühren und Honoraren für Gericht und Anwälte übertroffen werden. 32 Verhandlungstage sind anberaumt.
Macht das Sinn? Man muss kein Experte für Konfliktbewältigung sein, um zu erkennen, dass die Parteien das Geld im Rahmen einer einvernehmlichen Lösung besser einsetzen könnten.

Quelle: http://kaernten.orf.at/news/stories/2629048/

Nützliches aus dem Netz

Interessantes aus dem Maschinen- und Anlagenbau

Bei der Erstellung meines Newsletters stoße ich regelmäßig auf interessante Inhalte aus dem Maschinenbau und Anlagenbau, die nicht zum Vertrags- und Konfliktmanagement gehören. Da die meisten von Ihnen, werte Leser, aus dieser oder verwandten Branchen kommen, stelle ich in dieser Rubrik unkommentierte Links zu den lesenswerten Inhalten zur Verfügung:

Supply Chain Management-Studie: Im Export schlägt Rechtssicherheit die Kostensenkung

Geißler fordert Bürgerentscheide über Megatrasse

Gute Perspektiven für Standort Deutschland durch „Industrie 4.0“

Eine vernetzte Wirtschaft braucht sichere Supply Chains

Elektrifizierung der Tiefsee unter extremem Druck

VDMA: Thilo Brodtmann wird 2015 neuer Hauptgeschäftsführer

Frühe Öffentlichkeitsbeteiligung – Effektive Umsetzung der VDI 7000

Additive Verfahren haben großes Potenzial im Maschinen- und Anlagenbau

Voith schließt Standort in Gommern

Wüstenstromprojekte sind auf dem Weg zu Rekorden

Die in diesem Newsletter bereitgestellten Inhalte stellen keine Rechtsberatung dar, sondern dienen ausschließlich Ihrer Information. Für die Klärung Ihrer konkreten Rechtsfragen wird eine fallbezogene Beratung empfohlen. Oliver Dittmann Mediation & Training übernimmt für die Vollständigkeit, Aktualität und Richtigkeit der Inhalte keine Haftung.