„Alleine die Vereinbarung , dass man konsensorientierte Lösungen suchen will, hat meist eine positive Auswirkung auf das gesamte Arbeitsklima der Baustelle“
Flucher, Kochedörfer, Minckewitz, Viering in „Mediation im Bauwesen“ 1. Auflage 2003
Werte Leserschaft,
auch für mich beginnen Anfang September die schönsten Wochen des Jahres. Daher wird im September eine gekürzte Ausgabe des Newsletters erscheinen.
Ich wünsche allseits schöne Urlaubstage und jenen, die schon wieder zurück sind, einen guten Start!
Heute lesen Sie unter anderem wie mittelständische Maschinen- und Anlagenbauer ihre vertraglichen Risiken einfach und strukturiert in den Griff kriegen können („Noch immer gut gegangen“). Viel Spaß dabei,
Ihr Oliver Dittmann
SERIE MUSTERVERTRAG MASCHINEN ANLAGEN
Bei der laufenden Serie Mustervertrag geht es nicht darum, einen vollständigen Vertrag abzubilden. Dieser könnte meines Erachtens den vielen Facetten, die Projekte im Maschinen- und Anlagenbau haben können, schwer gerecht werden. Vielmehr werden ausschlaggebende Hintergründe beleuchtet und Musterklauseln für die wichtigsten Regelungsbereiche zur Verfügung gestellt.
Sachleistung – Vorschriftenänderungen / Change in Law
Neben den leistungsbeschreibenden Dokumenten, die durch Vereinbarung zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer Vertragsbestandteil werden (vgl. April-Newsletter), muss die Anlage auch so manche zwingenden, behördlichen Vorgaben erfüllen, um eine Betriebserlaubnis zu erlangen. Solche Vorgaben ergeben sich zum Beispiel aus Gesetzen, Verordnungen, Erlassen, Satzungen etc..
Grundsätzlich hat der Auftragnehmer die Leistung so zu erbringen, dass sie zum Zeitpunkt der Abnahme bzw. Lieferung den öffentlichen Vorgaben entspricht. Das heißt, das Risiko von Änderungen im Zeitraum zwischen Vertragsschluss und Abnahme/Lieferung liegt beim Auftragnehmer. Unter Umständen steht ihm dafür, nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, Ersatz der zusätzlichen Aufwendungen zu.
Der Auftraggeber hat selbstredend ein berechtigtes Interesse an einer Anlage, die er betreiben darf. Daher sind die öffentlichen Vorgaben des Sitzlandes umzusetzen. Zumindest der Generalunternehmer / EPC muss sich mit den konkreten Vorschriften des Betreiberlandes auseinandersetzen und sie zum Zeitpunkt der Abnahme umsetzen. Üblicherweise wird diese Pflicht auch noch auf eine oder mehrere folgende Lieferantenebenen (z.B. OEM) durchgereicht. Erst tiefere Lieferantenebenen liefern rein auf Basis von Spezifikationen oder nach Standard (also nicht spezifisch für den Kundenauftrag).
Der Auftragnehmer – auf der anderen Seite – hat ein berechtigtes Interesse, für, durch Vorschriftenänderungen entstandene, Mehrkosten einen höheren Preis zu erzielen. Dafür will er eine klare Anspruchsgrundlage in den Vertrag aufnehmen. Auch eine gegebenenfalls verlängerte Projektlaufzeit gilt es zu bedenken. Die Musterklausel verweist insofern auf den Zeitpunkt des „Zustandekommens des Vertrages“. Für den endgültigen Vertragstext ist das passend. Für Angebotstexte wird der Auftragnehmer statt dessen auf den Zeitpunkt der Angebotsabgabe abstellen wollen.
Musterklausel Vorschriftenänderung:
Ergeben sich nach Zustandekommen des Vertrags Änderungen in Vorschriften, die Änderungen am Auftragsgegenstand nötig machen, da dieser andernfalls nicht oder nur mit unzumutbaren Nachteilen betrieben werden könnte, so hat der Auftragnehmer diese Änderungen am Auftragsgegenstand umzusetzen, soweit dies möglich ist und der Auftraggeber dies anweist. Prozedere, Preisanpassung und Terminanpassung richten sich nach der Klausel „Änderunganweisung“ (Klausel x).
Sample Clause Change in Law:
If changes in public regulations come into effect after the date the contract came into effect, requiring changes to the works, because these otherwise could not or only with unreasonable disadadvantages be operated, then the Contractor is to put these changes to the works into effect, as far as possible and instructed by the Employer. Procedure, price adjustment and time adjustment go in accordance with clause „Change Order“ (clause x).
Hinweis: Mit der Klausel „Änderungsanweisung“ bzw. „Change Order“, auf die hier verwiesen wird, werden wir uns im September-Newsletter befassen.
Noch immer gut gegangen
Viele mittelständische Maschinen- und
Anlagenbauer bieten führende Technik
an und besetzen Spitzenpositionen im
internationalen Wettbewerb. Mit vertraglichen
Risiken gehen manche derselben Unternehmen
nachlässig um. Der hart erarbeitete Erfolg wird
nach dem Motto „es ist ja noch immer gut gegangen“ auf Spiel gesetzt. Dabei ist effektives Vertragsmanagement kein Hexenwerk. Anbei finden Sie einen, im Business Lounge Magazin erschienenen, Artikel. Darin werden die vier grundlegenden Praxisregeln kurz erläutert.
Zum tiefer lesen: BL-Magazin-Artikel: Noch immer gut gegangen
Zollerleichterungen ab Mitte 2016
52 Staaten, darunter alle EU-Staaten, die USA und Japan, einigten sich im Rahmen des WTO ITA (Information Technology Agreement) darauf, die Zölle für 200 Güter fallen zu lassen. Das betrifft vor allem EDV-Güter, aber auch Produkte des Maschinen- und Anlagenbaus (z.B. Ventilatoren, Vakuumpumpen für die Herstellung von Halbleitern oder Werkzeugmaschinen, die mit Lasern Komponenten für EDV-Anlagen herstellern), wie der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbauer (VDMA) berichtet.
„Die Erweiterung des ITA wird für zahlreiche Unternehmen des Maschinenbaus den Handel vereinfachen. Der Maschinenbau hofft daher, dass die Beschlüsse möglichst zeitnah umgesetzt werden“, so Friedrich Wagner vom VDMA. „Darüber hinaus zeigt das Abkommen, dass es möglich ist, den Welthandel in einer großen Staatengemeinschaft voranzutreiben. Der VDMA hat immer darauf hingewiesen, dass bilaterale Freihandelsverträge nur die zweitbeste Lösung sind und Handelserleichterungen wenn möglich im Rahmen der WTO erzielt werden sollten.“
Zum tiefer Lesen: VDMA-Artikel
Fressen Konfliktkosten Ihr Ergebnis auf?
Impulsvortrag am 24. September 2015 im Innovationszentrum „Schwung“, Schwabach, organisiert vom Bund der Selbständigen – Gewerbeverband Bayern e.V..
Mehr Infos zum Schwung Schwabach
Kolumne STREITHAHN:
Eine Henne als Leidtragende
Unser Streithahn trägt Trauer. Schuld ist ein jahrelanger Nachbarschaftsstreit in Gent. Ein Streitthema waren die Hühner des einen Nachbarn, die immer wieder das Grundstück des anderen Nachbarn aufsuchten. Vielleicht waren dort ja die Würmer leckerer.
Dem ungewollt mit Besuch bedachten Nachbarn platzte eines Tages der Kragen und er schlug eines der Hühner mit einem Bambusstab tot und warf es zurück in den Garten seines Besitzers.
Dieser erstattete Anzeige und verklagte den Hühnerschreck auf 500 EUR Schadensersatz. Das Gericht sprach ihm lediglich einen symbolischen Betrag von 1 EUR zu. Der Schläger wurde für seine Unbeherrschtheit gegenüber der armen Henne außerdem zu 312 EUR Geldstrafe auf Bewährung verurteilt.
Zum tiefer Lesen: Ein Euro Schadensersatz für totes Huhn
Nützliches aus dem Netz:
Neuigkeiten für die Branche Maschinen- und Anlagenbau
Bei der regelmäßigen Erstellung meines Newsletters stoße ich immer wieder auf interessante Inhalte aus dem Maschinenbau und Anlagenbau, die nicht zum Vertrags- und Konfliktmanagement gehören. Da die meisten von Ihnen, werte Leser, aus dieser oder verwandten Branchen kommen, stelle ich in dieser Rubrik unkommentierte Links zu den lesenswerten Inhalten zur Verfügung:
- Maschinenbau droht EU-Label zur Energieeffizienz
- Deutscher Maschinenbau gewinnt Servicestudie
- Industrie 4.0 – eine ganze Branche muss umschulen
- Deutsche Wirtschaft in Russland – solide positioniert in schwierigem Umfeld
- Maschinenbauer lassen die Köpfe hängen
- VDMA: Trotz Krise in BRIC-Staaten investieren
Die in diesem Newsletter bereitgestellten Inhalte stellen keine Rechtsberatung dar, sondern dienen ausschließlich Ihrer Information. Für die Klärung Ihrer konkreten Rechtsfragen wird eine fallbezogene Beratung empfohlen. Oliver Dittmann Mediation & Training übernimmt für die Vollständigkeit, Aktualität und Richtigkeit der Inhalte keine Haftung.